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„Wir alle haben in uns ein von Schweigen umgebenes Zentrum der Stille.“
Gedanken zu Dag Hammarskjöld
Artikel von Jörg Kirschmann, Pfarrer der Christengemeinschaft

Jetzt, in den Wochen, in denen wir auf Weihnachten zugehen, erleben wir wohl besonders deutlich, wie wesentlich es für unser Leben ist, einen inneren Raum der Stille aufsuchen zu können, um zu uns selbst zu kommen. Denn nur so vermögen wir in einer gesunden, schöpferischen Weise auf das zugehen, mit dem umgehen zu können, was uns als Welt entgegentritt. Vor uns steht mit Weihnachten das Menschheitsereignis, das jedes Jahr wieder aktualisiert werden will, an dem sich eine Neugeburt, ein „neuer Anfang“ vollziehen kann, der mehr ist als etwas bereits Dagewesenes. Dazu bedurfte es damals vor 2000 Jahren und bedarf es ebenso heute der Vorbereitung durch ein Leben aus der Stille.
„Mitten im Gelärm das innere Schweigen bewahren …“ – in diese Worte hatte Dag Hammarskjöld einmal in seinem Tagebuch die Herausforderung gefasst, der wir uns heute, über 60 Jahre später, wohl mehr denn je auf Schritt und Tritt gegenüberstehend sehen können. Hammarskjöld entwickelte, von seiner Umwelt weitgehend unbemerkt, eine Meisterschaft hinsichtlich eines solchen Lebens aus der Stille inmitten eines „Gelärms“ größter weltweiter Spannungen und Konflikte, denen er sich nicht entzog, in die er sich vielmehr auf eine höchst verantwortliche Weise und aus einer innerlich empfundenen Berufung gestellt hatte. Manche sprechen davon, dass die Menschheit damals am Rande eines erneuten Weltkriegs stand. Die Pflege eines Lebens aus der Stille verlieh ihm die Kraft, als der erst zweite Generalsekretär der Vereinten Nationen diese noch junge Weltorganisation, die in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges gegründet worden war, zu einer dem Weltfrieden dienenden zu formen und zu prägen.
„Wir alle haben in uns ein von Schweigen umgebenes Zentrum der Stille.“ Aus diesem Bewusstsein heraus und im Vertrauen darauf, dass jeder Mensch in sich dieses Zentrum finden kann als eine Kraftquelle, die allein ein friedvolles Miteinander der Menschen und der gesamten Menschheit möglich macht, gestaltete er zu Beginn seiner zweiten Amtszeit im Jahre 1957 den „Raum der Stille“ im Gebäude der UNO in New York neu. Dieser Raum, gerade einmal 210 Quadratmeter groß innerhalb eines 40-stöckigen Hochhauses, war ihm ein Herzensanliegen;
Er sollte zu einem „Herzraum“ werden,
zu dem alle an diesem Ort tätigen Menschen auch innerlich Zugang finden können. Dieser Raum ist nahezu leer: lediglich in der Mitte befindet sich ein 6 1/2 Tonnen schwerer Eisenerzquader aus Hammarskjölds schwedischer Heimat, auf dessen glattpolierte Oberfläche ein Lichtstrahl trifft; an der Stirnwand ein abstraktes Fresko von starker Ausdrucks- und Aufrichte-kraft. Dadurch wurde etwas zutiefst Urbildhaftes – und als solches mag es auch für uns ein sprechendes und bedeutungsvolles Bild sein – geschaffen, das vielleicht folgendermaßen erlebt und beschrieben werden kann: Hier findet der seelische Innenraum eines jeden Menschen, in dessen Mitte sich eine Begegnung (mit sich selbst?, mit dem Göttlichen des eigenen Wesens?) ereignen kann, ein materiell-sinnliches Abbild. In einem von Hammarskjöld verfassten Text zur Wiedereröffnung dieses Raumes heißt es:
„ … Dieses Haus, den Arbeiten und Auseinandersetzungen im Dienste des Friedens gewidmet, sollte einen Raum haben, der nach außen gerichtet Schweigen und nach innen gerichtet Stille ermöglicht. …Es gibt einfache Dinge, die zu uns allen in der gleichen Sprache sprechen. Wir glauben, in dem auf die schimmernde Oberfläche eines ehernen Felsens auftreffenden Lichtstrahl, sie gefunden zu haben. … ein Symbol dafür, wie das Licht des Geistes der Materie Leben spendet … der Stein in der Mitte des Raumes … wir können ihn als Altar erleben. … [er] erinnert uns auch an das Beharrende und Feste in einer Welt von Bewegung und Veränderung. … Wenn unser Blick von diesen Symbolen zu der Stirnwand schweift, trifft er auf ein einfaches Muster, das den Raum öffnet zu der Harmonie, der Freiheit und der Ausgewogenheit des Weltraums.
Eine alte Weisheit besagt, dass der Sinn eines Gefäßes nicht in seiner Hülle, sondern in seiner Leere verborgen ist. Es liegt an jenen, die hierherkommen, die Leere mit dem zu füllen, was sie in ihrem Zentrum der Stille finden.“
Was mag das für ein Mensch gewesen sein,
der so etwas zu formulieren vermochte? Welchen inneren Weg ist er gegangen? Aber auch, wie stand er im öffentlichen, tätigen Leben? Nur wenige Einzelheiten seiner Biografie seien im Folgenden erwähnt.
Dag Hammarskjöld wurde 1905 im südschwedischen Jönköping geboren. Einer seiner Vorfahren wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts vom damaligen König mit dem Namen „Hammarskjöld“ geadelt. Ein gekrönter Schild, auf dem zwei überkreuzte Schmiedehämmer dargestellt sind, bildete fortan das Wappen der Familie. Der Inhalt dieses Namens sollte Dag Hammarskjöld im Laufe seines Lebens zu einem wesentlichen Leitmotiv werden. Später, bei seinem Amtsantritt als Generalsekretär der Vereinten Nationen nach der Aussprache seines Nachnamens gefragt, antwortete er: „Nennen Sie mich einfach ‚Hammerschild‘“. So wollte er sich mit aller Kraft einsetzen für die Verwirklichung der UN-Charta und sich zugleich schützend vor die kleinen, sich von den Kolonialmächten emanzipierenden Nationen stellen. Spricht sich in diesem Namen nicht, viel allgemeiner verstanden, seine lebenslange Bemühung aus, die vita activa, das nach außen hin Tätigsein, mit der vita contemplativa, der Pflege des inneren Lebens, ins Gleichgewicht, in Übereinstimmung zu bringen? Dann käme in diesem Namen auch etwas Überpersönliches, allgemein-menschlich Erstrebenswertes zum Ausdruck. Ähnliches gilt für seinen Vornamen Dag – auf Deutsch „Tag“. In einem Nachruf hieß es: „Er wurde Dag getauft, damit es mit ihm hell werden sollte. An seiner Wiege stand der Friede, der Wille zur Versöhnung, …“.
Als Angehöriger einer der führenden Familien Schwedens schien ihm eine steile berufliche Karriere vorgezeichnet. Als er 9 Jahre alt war, wurde sein Vater Ministerpräsident, und auch er selbst kam nach Schule und Studium sehr rasch in verantwortungsvolle Positionen innerhalb des schwedischen Staates bis hin zu der des stellvertretenden Außenministers. Seine Tagebucheintragungen bezeugen aber auch schwere existentielle Krisen; selbst Suizidgedanken kannte er. Hatten diese damit zu tun, dass er sich lösen musste von dem, was er nicht selbst gewählt, sich nicht selbst erworben hatte, sondern was vor allem der Familientradition geschuldet war?
Um den ihm eigenen Weg zu finden, waren wohl einige Begegnungen von entscheidender Bedeutung. Schon früh lernte er Nathan Söderblom kennen, den weltoffenen Erzbischof von Uppsala, dem 1930 für seinen Einsatz für die Ökumene und den Weltfrieden der Friedensnobelpreis verliehen wurde. Von ihm stammt auch ein solch bemerkenswerter Satz wie dieser: „Das ganze Dasein ist von Gott dazu ausersehen, ein Sakrament zu werden, das Seine Liebe inkarniert …“. Vermutlich begegnete Hammarskjöld bereits in seinem Elternhaus Albert Schweitzer, der dann später, als jener in Uppsala studierte, dort Vorlesungen hielt. Schweitzers Ethik, die später als „Ehrfurcht vor dem Leben“ bekannt wurde, erschien damals ein erstes Mal in ihren Grundzügen. Bis in das Methodische von Hammarskjölds späterem Verhandlungsstil hinein wirkte sich die Begegnung mit dem jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber aus, dessen Philosophie um den Gedanken des Dialogs kreist, „ … den echten – gleichviel, geredeten oder geschwiegenen – wo jeder Teilnehmer den oder die anderen in ihrem Dasein und So-sein wirklich meint und sich ihnen in der Intention zuwendet, dass lebendige Gegenseitigkeit sich zwischen ihm und ihnen stifte …“. Die auf Grundlage dieser Anschauung entwickelte „leise Diplomatie“ wurde zu einer Art Markenzeichen Hammarskjölds. Das Interesse am andern und seiner Andersartigkeit, die bedingungslose Wertschätzung des Gegenübers unabhängig von dessen Absichten, auch den politischen – das zeichnete Hammarskjöld aus und verhalf ihm immer wieder zum Erfolg bei seinen zuweilen aussichtlos erscheinenden Verhandlungen. Schließlich die Begegnung mit der britischen Künstlerin Barbara Hepworth, die ihm zu einer Wegbegleiterin wurde. Was die Beiden vereinte, drückte Hammarskjöld so aus: „In der modernen internationalen Politik … müssen wir uns den Aufgaben im selben Geist stellen, der auch den modernen Künstler erfüllt … Moderne Kunst lehrt uns eindringlich, alle unsere Sinne, unseren Verstand und unsere Sensibilität zu gebrauchen … Sie macht uns sehend. … Seher und Entdecker – das müssen wir sein, wenn wir etwas bewegen wollen.“
1953 Generalsekretät der Vereinten Nationen
Dag Hammarskjöld wurde am 7. April 1953 zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt. Er gestaltete diese zu einem wirksamen Instrument der Konfliktlösung aus. All seine Kraft, schließlich auch sein Leben setzte er für dieses Ziel ein. Er und seine ihn begleitenden Mitarbeiter starben am 17. September 1961 beim Absturz des UN-Flugzeugs, mit dem er unterwegs zu einer Friedensmission im Kongo war. Es ist zu vermuten, dass es sich dabei nicht um ein Unglück aufgrund technischen oder menschlichen Versagens handelte, sondern dass man ihn aufgrund handfester Machtinteressen aus dem Wege schaffen wollte.
In seinem Reisegepäck befand sich das Buch „Die Nachfolge Christi“, verfasst von dem im 15. Jahrhundert lebenden Mystiker Thomas von Kempen. In diesem Buch bewahrte er auch seine Ernennungsurkunde zum Generalsekretär auf. Der Inhalt dieses Buches bedeutete Hammarskjöld viel. Seine Mutter wählte ihm bereits zur Konfirmation daraus einen Spruch, der ihm zum Leitfaden wurde: „Mein Sohn, bemühe dich ernsthaft, überall und bei allem, was du tust, innerlich frei zu sein und dich in der Hand zu haben; über den Dingen, nicht unter den Dingen zu stehen, sodass dein Tun von dir gemeistert, nicht du von ihm bemeistert wirst.“
„Zeichen am Weg“
Ein besonderes Vermächtnis liegt in seinem Tagebuch, „ … eine Art Weißbuch schonungsloser Verhandlungen mit dem Ich und seinem Gott“, das, ursprünglich nicht im Hinblick auf eine Veröffentlichung begonnen, erst nach seinem Tod gefunden wurde. Es enthält das „einzige Profil, das man [von ihm] zeichnen könnte“ (Hammarskjöld). Auch meinte er, es könnte „für manche doch von Bedeutung sein, einen Schicksalsweg zu verfolgen, über den der Lebende nicht sprechen mochte.“ Das Tagebuch erhielt den Titel „Vägmärken“ – „Zeichen am Weg“. Es sollten Orientierungspunkte sein, die, einmal aufgerichtet, nicht verloren gehen durften.
Man muss mit diesen „durchdachten Unklarheiten“ dieses Tagebuchs wirklich leben. Erst dann erweist sich die in ihnen verborgene Kraft. Zuweilen haben sie etwas Poetisches, nicht selten die Qualität von Meditationstexten. Es geht dabei nicht um Erwähnung äußerer Ereignisse, sondern um das, was an diesen erkannt wurde, was zeitlos ist und was der inneren Entwicklung, nicht nur der des Schreibers, dient.
das Hören-Lernen
Wesentlich ist Hammarskjöld das Hören-Lernen. Dazu heißt es im Tagebuch: „Je treulicher du nach innen lauschst, umso besser wirst du hören, was um dich ertönt. Nur wer hört, kann sprechen. Führt hier der Weg zur Vereinigung der beiden Träume: das Leben in Klarheit zu spiegeln – in Reinheit zu gestalten?“
Hinwendung zum Nachtbereich
Wie lernt man dieses Hören? Es bedarf einer Hinwendung zum „Nachtbereich“ des Lebens. In der Stille, im Schweigen beginnt es zu sprechen. So sind einzelne Eintragungen überschrieben mit „Bald naht die Nacht …“. Manches hat gebetsartigen Charakter. Das Gebet: ein hörendes Sprechen, ein sprechendes Hören? In einer von Hammarskjöld markierten Stelle in einem Buch von Saint-Exupéry ist zu lesen: „Du wirst kein Zeichen empfangen, denn das Merkmal der Gottheit, von der du ein Zeichen verlangst, ist eben Schweigen. … ich ahnte, dass des Gebetes Lehre im Erlernen des Schweigens beginnt, wo kein Geschenk mehr zu erwarten ist.“
Hammarskjöld sieht im Gebet aber nicht nur die Zwiesprache eines Einzelnen, sondern es kann durch es zugleich eine Verbundenheit mit anderen entstehen: „ … mich durchschwebt die Vision von einem seelischen Kraftfeld, geschaffen in einem ständigen Jetzt von den vielen, in Wort und Taten ständig Betenden, im heiligen Willen Lebenden.“
Die Mystik, insbesondere in der Ausprägung Meister Eckharts, bedeutete ihm viel. Eckhart ging es darum, so wirken zu lernen „ … dass man die Innerlichkeit ausbrechen lasse in die Wirksamkeit und die Wirksamkeit hineinleite in die Innerlichkeit …“. Weltfremdheit liegt da ferne. Hammarskjöld strebte nach der Aktualisierung des mittelalterlichen „Ora et labora“.
das Motiv des Opfers
Ein weiteres wesentliches Motiv nach dem des Hörens bzw. der Stille, das wie dieses das gesamte Tagebuch von der ersten bis zur letzten Seite durchzieht, ist das des Opfers.
Mit Anfang 20 schreibt er: „. … Ein Mann, der war, was er war – bereit, im einfachen Opfer alles zu fassen“. Später wird ihm das Opfer zur Frage: „Was hat am Ende das Opfer für einen Sinn? Oder auch nur das Wort Gabe? Wer nichts hat, kann nichts geben. Die Gabe ist Gottes – an Gott.“ Und eine Eintragung wenige Monate vor seinem Tod gibt seine schließlich errungene innere Erfahrung wieder: „… Gefragt, ob ich Mut habe/meinen Weg zu Ende zu gehn,/gebe ich Antwort ohne Unterlass. … Jetzt bin ich der Erwählte,/ fest gespannt auf den Block,/Opfer zu werden.“
Hammarskjölds Opferbegriff mag auch an ein Wort des jüdischen Psychologen Viktor Frankl erinnern, der im selben Jahr wie jener geboren mehrere KZs durchlitten hatte. Eine derartige Auffassung stellt für uns heutige Menschen eine gewaltige Frage dar, vielleicht eine Herausforderung. Frankl: „Es kommt nicht darauf an, was wir vom Leben zu erwarten haben, sondern darauf, was das Leben von uns erwartet“. Für die Mystiker des Mittelalters bestand Selbstverwirklichung in der Selbsthingabe. Dies wurde für Hammarskjöld zur Grundlage seines inneren Strebens, verbunden mit einer tiefen Bejahung und voller Zuversicht: „Ja zu Gott, ja zum Schicksal und ja zu dir selbst. Wenn das Wirklichkeit wird, dann mag die Seele verwundet werden, aber sie hat die Kraft zu genesen.“
das urchristliche Symbol des Kelches
Gleichsam als Zusammenfassung seiner durch dieses Leben aus der Stille erworbenen Lebenshaltung erscheint bei Hammarskjöld das urchristliche Symbol des Kelches, hier im Bild der Schale. So lautet die Eintragung zu Beginn des Jahres 1957:
„Bald naht die Nacht –
Jeder Tag der erste. – Jeder Tag ein Leben.
Jeden Morgen soll die Schale unseres Lebens hingehalten werden, um auf-zunehmen, zu tragen und zurückzugeben. Leer hinreichen – denn was vorher war, soll sich nur spiegeln in ihrer Klarheit, ihrer Form und ihrer Weite.“
Es lohnt sich, mit den Inhalten von Hammarskjölds Tagebuch zu leben und dabei auch zu fragen: Leuchtet in ihm nicht etwas auf von einem zukünftigen, von der Zukunft her gedachten und gelebten Christentum?
Interviewpartner: Dr. med. Wolfgang Rißmann ist Facharzt für Psychiatrie und war leitender Arzt und Qualitätsmanager an der Friedrich-Husemann-Klinik in Buchenbach bei Freiburg i.Br. Er ist in der Ausbildung von Medizinstudenten, Ärzten, Pflegenden und Therapeuten tätig. Vielfältige Vortrags- und Seminartätigkeit zu den Themen der allgemeinen Anthroposophie und Prävention psychischer Krankheiten. Besonderer Arbeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von anthroposophischen Arzneimitteln bei psychischen Krankheiten. Seit Februar 2014 Privatpraxis für Psychiatrie in Hamburg-Volksdorf.
Gerhard Ertlmaier, seit 33 Jahren Priester der Christengemeinschaft, davon 6 Jahre in Lübeck, 9,5 Jahre in Heilbronn, zuletzt in HH-Bergedorf – Lüneburg – Wendland. Ab 2009 über 9 Jahre Lenker für die Region Norddeutschland (heute Nord – und Nordwestdeutscheland) und anschließend noch 3 Jahre für Russland. Seit 2021 emeritiert in Bergedorf – Lüneburg – Wendland. Verheiratet und drei erwachsenen Kinder.
Wie stehen Buddhismus und Anthroposophie zueinander? Gibt es Parallelen? Betrachtet man den Buddhismus und die Anthroposophie in ihren spirituellen Grundlagen, lassen sich erstaunliche Beziehungen finden. In diesem zweiten Teil des Interviews geht es jeweils um die Geistesschulung und Meditation.
Die Christengemeinschaft wurde 1941 durch das NS-Regime verboten. Was waren die Gründe dafür? Belegt das schon eine Gegnerschaft gegenüber dem Nazi-Regime? Lavierten sich manche durch die Gefahren hindurch? Wie verhielten sich die Gemeindemitglieder und die Pfarrer gegenüber den Juden, bzw. den verfolgten Menschen? Und wie positioniert man sich heute, wenn der Neo-Nationalsozialismus wieder verstärkt auftritt?
Wir sind als Menschen unvollkommene Wesen. Die Natur hat uns, im Gegensatz zur sonstigen Schöpfung, nicht festgelegt, wie wir zu sein haben. Wir sind als Menschen fähig zu liebevollsten Handlungen und zu massivster Zerstörung. Wohin wollen und können wir uns entwickeln, welchen Sinn wollen wir unserem Dasein geben? Was ist meine Identität, mein „Leitbild“, wie ich als Mensch auf Erden sein möchte? Wir müssen mit unseren Bewusstseinskräften ersetzen, was der Körper instinktiv nicht leistet. Dieses Phänomen ist der Hintergrund für die Notwendigkeit, an sich zu arbeiten.
Der Gedanke des Karmas stammt ursprünglich aus östlichen Religionen. Inzwischen ist er aber bei uns populär bis in die Alltagssprache hinein, in Kinofilmen tauchen Reinkarnationsmotive auf etc. Auch wird er mitunter fälschlicherweise zu irrationalen Ideen, Spekulationen über letzte Leben usw. benutzt. Was aber ist Karma, so wie Rudolf Steiner es beschrieben hat? In jedem Fall ist es ein komplexes Thema, bei dem viele Aspekte und Dimensionen miteinbezogen werden müssen und wo wir noch am Anfang des Verstehens sind.
Beitrag von Wolfgang Müller aus seinem Buch „Nachgefragt: Anthroposophie“ (siehe Hinweis Mai 2024)
Interview mit Christopher v. Bar, Heilpädagoge und Geschäftsführer von Franziskus e.V. in Sülldorf
Interviewpartnerin: Tabea Hattenhauer, geb. Gössling, ist in Berlin in einer großen Musikerfamilie aufgewachsen. Sie besuchte dort die Waldorfschule und studierte zunächst Architektur. Später folgten eine Ausbildung am Waldorflehrerseminar und ein Studium am Priesterseminar der Christengemeinschaft in Hamburg. Seit 2010 ist Tabea Hattenhauer als Religionslehrerin tätig, 2017 wurde sie Pfarrerin der Christengemeinschaft. Ihre erste Berufserfahrung sammelte sie in Blankenese, seit 2018 arbeitet sie in der Markus-Gemeinde in Hamburg-Harburg. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Krisen bringen gewohnte Sicherheiten des Lebens zum Wanken und erschüttern Vertrauen: Können wir uns angesichts der Klimakrise auf unseren Lebensraum verlassen? Können wir bei den vielen Konflikte im Zwischenmenschlichen, im Gesellschaftlichen und den kriegerischen Auseinandersetzungen auf menschliche Beziehungen bauen? Sind die zahllosen Informationen, die wir täglich erhalten, vertrauenswürdig? Zu den Krisen der Gegenwart gehört auch die Vertrauenskrise.
Anthroposophische Meditation ist innerlich aktiv und konzentriert. Es geht darum, über das bloße Gedanken- und Vorstellungsbewusstsein hinauszukommen und dass die Inhalte innerlich lebendig, bildhaft und erlebbar werden. Wer regelmäßig meditiert, wird eine spürbare innere Bereicherung erfahren.
Christian Bartholl wurde in Stade geboren und 2006 als Pfarrer geweiht. 5 Jahre war er in München tätig. Er arbeitet seit 12 Jahren in Hamburg-Volksdorf. Seit 6 Jahren trägt er Verantwortung für die Christengemeinschaft in Norddeutschland. Er war im früheren Beruf Grafik-Designer und arbeitete für Zeitschriften- und Buchverlage.





Der Mensch soll optimiert werden, er soll sein Aussehen, seine physischen, seelischen Möglichkeiten selbst bestimmen, Alterung und Tod verhindern. Und das mit den Mitteln der Technologie. Die Idee von einem Jungbrunnen oder einem Lebenselixier sind uralt und gehen bis auf das Gilgamesch-Epos zurück. Die technologischen Mittel aber werden immer besser, genialer und ermöglichen eine Lebensqualität, von der wir alle profitieren. Eine Weiterentwicklung des Menschen ist auch das Ziel der Anthroposophie. Was aber ist der Unterschied zum Transhumanismus? Wie steht der einzelne Mensch darin, einerseits der technischen Entwicklung nicht ausweichen zu können, sich von dieser aber nicht überrollen zu lassen? Und inwiefern ist der Mensch in all diesem „umkämpft“?
„Wir leben in einer apokalyptischen Zeit“, so wurde der Vortrag von Herrn Eller vorgestellt. „Wie gut, dass wir in einer apokalyptischen Zeit leben. Dann sieht man die Dinge. Und nur, wenn man die Dinge sieht, kann man daran arbeiten. Apokalypse ist jugendhaft, da ist immer viel Sturm und Drang, dann hat man auch die Jugendkräfte, neu anzufangen und etwas zu ändern.“
Prof. Dr. Michael Kirn, geb. in Ravensburg 1939, Jura- und Philosophiestudium in Tübingen und Berlin (1958-64), Professur an der Helmut Schmidt Universität seit 1974; Begegnung mit der Anthroposophie 1972. Seit 30 Jahren Kurs „Philosophie der Freiheit“ im Rudolf Steiner Haus. Vom Autor ist zuletzt erschienen: „Das Ich in den Strukturen des Daseins. Rudolf Steiner, ‚Die Philosophie der Freiheit‘, 1. Teil, systemisch erläutert“, 2016, Berliner Wissenschaftsverlag

Die Anthroposophie „hat der Welt etwas Wichtiges, buchstäblich Not-Wendiges mitzuteilen“, so Wolfgang Müller. Andererseits scheint sie für heutige naturwissenschaftlich geprägte Menschen schwer zugänglich zu sein – eine Zumutung. Wolfgang Müller zeigt auf, wie durch die Anthroposophie auf Fragen und Probleme der heutigen Kultur eben durch diese Anstrengung ein Weg zu guten Lösungen gefunden werden kann.


Die Zukunft kommt uns nicht entgegen,
Überall auf der Welt, wo Menschen sind, sind auch Märchen, Legenden, Mythen und Sagen entstanden und wurden über Jahrhunderte weiter erzählt. Ich möchte Sie zu einem kleinen Streifzug mit zwei Märchenerzählungen in den Mittelmeerraum und nach Rumänien einladen.
Wie wird unser Selbstverständnis bestimmt? In der Mai-Ausgabe des Hinweis beschrieb Frau Michaela Glöckler, dass wir eine „alte“ Identität haben, die zum einen durch Erziehung und Einflüsse von außen gebildet wurde, und zum anderen darin besteht, wie wir uns selbst erleben. Beides ist sehr wechselhaft, weil die äußeren Umstände mehr oder weniger förderlich und sind und sich auch immer ändern. Erlebt der Mensch in seiner Biografie eine „zweite Geburt“, dann schafft er sich ein Selbstbewusstsein, das einen unzerstörbaren Mittelpunkt hat.
Der Entschluss zum Meditieren beinhaltet den Entschluss, sich auf einen Weg des inneren Übens zu begeben. Und wenn der Weg, wenn das Üben beginnt, dann beginnt damit auch ein Prozess, in welchem das Vor-Setzen in das Um-Setzen übergeht. Dies ist oft mit dem Zauber und Rückenwind des Anfangs, aber auch mit manchen Widerständen verbunden. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis die Motivation nachlässt und erste Anzeichen von Ermüdung auftauchen: Wie lange noch? Wann kann ich eine Pause machen? Oder anders gefragt: Woher nehme ich die Kraft, dranzubleiben, nicht aufzugeben und abzulassen von dem Vorgenommenen? Die nachfolgenden Gesichtspunkte sind aus der Überzeugung und der Erfahrung entstanden, dass Ausdauer als Kraft schrittweise ausbildbar ist. Ausdauer hat verschiedene Facetten und entspringt unterschiedlichen Quellorten. Diese Darstellung möge den Leser anregen, seine diesbezüglichen Gedanken zu überprüfen und seine eigene Ausdauerkraft Schritt für Schritt zu steigern.
Queer, Transgender, Transsexualität – alles Begriffe, die in den letzten Jahren immer öfter auftauchen und zeigen, dass diese Themen in der Öffentlichkeit angekommen sind und immer mehr diskutiert werden. 2017 kam es durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Einführung eines dritten Geschlechts. Seit Anfang dieses Jahres muss auf allen behördlichen Formularen neben „männlich“ und „weiblich“ auch der Begriff „divers“ vermerkt werden. Hinter „divers“ verbergen sich vielfältige geschlechtliche Möglichkeiten, die biologischer und auch seelischer Natur sein können.
Heute ist das Thema Engel wieder populär, nachdem es im 20. Jahrhundert nur von wenigen Literaten beachtet wurde. Seit einigen Jahrzehnten gibt es viele Bücher, Veröffentlichungen, sogar Kongresse dazu. Welche Wesen sind die Engel? Wie wirken sie? Wie können wir uns an sie wenden? Vielleicht gewinnen solche Fragen in Krisenzeiten wie der jetzigen an Bedeutung.












































