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Wie kommt das Vertrauen in die Welt?
Beitrag von Dr. Matthias Girke
Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Krisen bringen gewohnte Sicherheiten des Lebens zum Wanken und erschüttern Vertrauen: Können wir uns angesichts der Klimakrise auf unseren Lebensraum verlassen? Können wir bei den vielen Konflikte im Zwischenmenschlichen, im Gesellschaftlichen und den kriegerischen Auseinandersetzungen auf menschliche Beziehungen bauen? Sind die zahllosen Informationen, die wir täglich erhalten, vertrauenswürdig? Zu den Krisen der Gegenwart gehört auch die Vertrauenskrise.
Dr. Matthias Girke ist Mitbegründer des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe, Klinik für Anthroposophische Medizin, und war dort über 21 Jahre Leitender Arzt der Allgemeinen Inneren Medizin. 2016 übernahm er die Leitung der Medizinischen Sektion am Goetheanum in der Schweiz und seit 2017 ist er Vorstandsmitglied der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft.
Vertrauen kann abnehmen, sogar zerstört werden. Umso mehr entsteht dann die Frage: Woher kommen neue Kräfte des Vertrauens und wie lassen sich ihre Quellen erschließen?
Vertrauensfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit
Vertrauen bildet Brücken im Zwischenmenschlichen: Wenn wir Vertrauensfähigkeit entwickeln, verbinden wir uns dem anderen Menschen, vertrauen uns ihm an. Wir können Vertrauen schenken und bemerken den hierzu notwendigen Mut. Schon im Wort „Vertrauen“ steckt das „Trauen“, also eine Herausforderung an die Mutkräfte. Es gibt aber nicht nur die Vertrauensfähigkeit, sondern auch die Vertrauenswürdigkeit. Sie entsteht, wenn der Mensch von sich selbst absehen und ganz dem anderen zuwenden lernt. Karl Jaspers spricht von der Kraft des Geistes und der Güte des vertrauenswürdigen Menschen: „Das Dasein eines vernünftigen Menschen mit der Kraft des Geistes und der überzeugenden Wirkung eines unbedingt gütigen Wesens weckt im anderen, und so auch im Kranken, unberechenbare Mächte des Vertrauens, des Lebenwollens, der Wahrhaftigkeit, ohne dass darüber ein Wort fällt. Was der Mensch dem Menschen sein kann, erschöpft sich nicht in Begreiflichkeiten“. ¹
Quellen des Vertrauens
In der Kindheit entwickeln sich tiefe Vertrauenskräfte durch die Verbindung mit der geistigen Welt, die aus dem Vorgeburtlichen besonders in den ersten Lebensjahren wirken. Hüllen und menschliche Bindungen sind Quellen des Vertrauens für das gesamte Leben. Sie nehmen aber im Lebenslauf ab und werden durch viele Erfahrungen erschüttert. Der Mensch individualisiert sich und wird aus diesen Hüllen entlassen. Nun geht es darum, neue Vertrauenskräfte zu entwickeln. Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen wiederum zu diesem Geistigem im Weltenall und dadurch zu neuen Quellen des Vertrauens führen möchte.
spirituelles Verstehen der Welt, eine Kultur liebevoller Menschenbegegnung und soziales Verständnis
Durch das spirituelle Verstehen der Welt, durch eine Kultur liebevoller Menschenbegegnung und schließlich sozialem Verständnis können sich neue Vertrauenskräfte entwickeln. Es sind die menschheitlich wirksamen „Engel-Ideale“, die uns als Jahresimpuls in der Anthroposophischen Gesellschaft beschäftigen und zu neuen Vertrauensquellen führen können.
¹ Karl Jaspers: Philosophie und Welt. Reden und Aufsätze. München 1958, S. 177ff; 179-83. Zitiert nach: Karl Jaspers: Was ist Erziehung? Ein Lesebuch. Textauswahl und Zusammenstellung von Hermann Horn. München/Zürich: Piper 1977, Seite 369ff
Veranstaltung zu diesem Thema am Mittwoch, 24. April
Rudolf Steiner Haus, 19.30 Uhr
Wie entwickelt sich Vertrauen in der Medizin und welche Bedeutung hat es für das Gesunden und die Friedensfähigkeit des Menschen?
Vortrag von Dr. Matthias Girke. Siehe Artikel in diesem Heft. Eintritt: 15,-, ermäßigt 10,- Veranst.: Rudolf Steiner Haus Hamburg in Kooperation mit Anthroposophische Gesellschaft – Zweig am Rudolf Steiner Haus