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Sei du selbst! Spirituelle Immunologie und Covid-19
Interview mit Prof. Dr. med. Volker Fintelmann
Unser Immunsystem ist ein Instrument, mit welchem unser Ich die leiblich-seelische Individualität ständig schützt und gegen alles Fremde verteidigt. Man könnte auch sagen: Das Ich erkennt alles Nicht-Ich. Wie funktioniert diese Abwehr? Wie wird sie im Laufe des Lebens gebildet? Was schwächt sie? Und besonders bei der Pandemie stellt sich die Frage: Kann der Mensch in seiner Ichheit so ausreichend präsent und wach sein, um sich dadurch vor dem Corona-Virus zu schützen?
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Volker Fintelmann, geboren 1935, studierte Medizin, promovierte 1961 in Hamburg und spezialisierte sich in Gastroenterologie. Im Krankenhaus Rissen war er als Leitender Arzt tätig und für zehn Jahre dessen Ärztlicher Direktor. Sein Anliegen ist die praktische und wissenschaftliche Ausarbeitung einer Anthroposophischen Medizin auf Grundlage der naturwissenschaftlichen Medizin. Er ist Autor zahlreicher Bücher und als Vortragsredner zu medizinischen und menschenkundlichen Themen tätig.
Christine Pflug: Was ist das Immunsystem und welche Aufgabe hat es?
Prof. Dr. Volker Fintelmann: Das Immunsystem ist eine der genialsten Organisationen, die wir leiblich-seelisch haben, weil sie alles vereinigt, was dazu dient, unsere Individualität vor allem zu schützen, was nicht unmittelbar zu ihr gehört. Jeder Mensch hat eine einzigartige Immunität; ein schwedischer Immunologe sagte, er kenne von dem Immunsystem des Menschen keine Kopie. Das Immunsystem ist etwas von dem Individuellsten, was der Mensch in sich trägt. Es stellt sich immer nur die eine große Aufgabe: Ich, dieser Mensch, mein Leib und meine Seele wollen uns gegenüber allem abgrenzen und nur wir ganz selbst sein.
C. P.: Da drängt sich gleich die Frage auf: Wie dringt in dieses Leiblich-Seelische etwas hinein, was nicht passend ist?
V. F: Mein Bild ist, dass das Immunsystem funktioniert wie früher im Mittelalter die Stadtmauern, die immer mehrere Tore hatten, an denen hochbewaffnete Wächter standen. Die passten auf, wer hereinkommt, derjenige musste sich ausweisen, seine Unbedenklichkeit zeigen; und diese Wächter achteten auch darauf, wen sie wieder herausließen. Es ist also kein geschlossenes System, sondern es hat eine Offenheit nach Innen und Außen, die im höchsten Maße bewacht ist. Als die Immunologie, die Wissenschaft vom Immunsystem, Anfang der 80-er Jahre in der Medizin öffentlich auftauchte, hatte sie über allem eine Art Lehrsatz stehen: Das Selbst erkennt alles Nicht-selbst. Es geht beim Immunsystem darum, unterscheiden zu lernen, wer man selbst und wer, bzw. was man nicht ist. Es gibt Dinge, die der Mensch gerne aufnimmt und solche, die er von vorneherein vermeiden will. Aber es gibt überhaupt kein Ding, das so bleiben darf, wie es war, sondern es muss sich immer an das Individuelle anpassen oder sich sogar verwandeln.
„Was kann ich von dir lernen? Was bringst du mir mit?“
C. P.: Wäre es also das Ideal, wenn etwas Fremdes hineingelassen wird, dass es dann so umgestaltet wird, bis es zur Individualität passt?
V. F.: Das Immunsystem ist ein erkennendes System, es hat im Grunde eine Wahrnehmungsfunktion. Das Fremde wird immer auf seine Nützlichkeit geprüft: „Was kann ich von dir lernen? Was bringst du mir mit?“ Zum Beispiel ist auch das schönste Essen ein Fremdes, und der Rettich oder die Kartoffel können in uns auch nicht so bleiben, wie sie draußen sind. Das hat sich gezeigt, als man früher Fette oder Eiweiß zu infundieren versuchte – das gab richtige Katastrophen; wenn man etwas unmittelbar ins Blut gibt, geht man an der Immunität vorbei. Das Blut als solches kennt keine Grenzen und ist ein ungeschützter Ort in uns. Das Immunsystem hat also ein selektives Wahrnehmen: nützlich oder nicht nützlich oder gar schädlich.
C. P.: Wie funktioniert diese Abwehr?
V. Fintelmann: Die Medizin unterscheidet zwei Arten der Abwehr. Die eine hat man früher immer die natürliche oder angeborene genannt, weil sich diese der Mensch aus der ganzen Menschheitsentwicklung durch Eltern, Voreltern und Ahnen so antrainiert hat, dass wir bei vielen Dinge heute, und dazu gehört vor allem die Ernährung, ein gutes Vorwissen haben. Man muss nicht jedes Mal neu lernen, wie man beispielsweise eine Kartoffel verdaut, sondern das ist durch die Generationen schon in ein Bewusstsein gekommen. Diese angeborene oder auch archaische Immunität ist an erster Stelle beim Verdauen tätig. Dafür gibt es auch Verdauungszellen, das sind die Makrophagen, und es bedeutet letztlich „sich zu eigen machen“: Alles Verdauen ist das Verwandeln von Fremden zu Eigenem. Es gibt immer die beiden Richtungen: Man nimmt etwas in sich hinein, weil es ein wunderbarer Baustoff ist oder ein Vitamin oder in der Erziehung ein Lernvorgang, oder aber man scheidet es gleich wieder aus, weil es nicht nützlich oder sogar schädlich ist. Dieser Verdauungsvorgang, den die Medizin Phagozytose nennt, ist zellulär gebunden. Da wirken auch andere Zellen mit, aber die Makrophagen sind die bekanntesten, man könnte sie burschikos auch die „Vielfresser“ nennen, sie sind bereit, alles in sich aufzunehmen, was da kommt. Sie vernichten es nicht gleich, sondern verwandeln es zu Eigenem oder bringen es zur Ausscheidung. Das Bild dieser angeborenen Abwehr findet man in dem Märchen vom Aschenputtel: Es werden die Linsen ausgestreut und die guten landen im Töpfchen und die schlechten im Kröpfchen. Das ist das Bild der angeborenen Abwehr, bzw. des Immunsystems. Der Volksmund sagt: „Ich habe dich zum Fressen gern“, wenn man einen anderen so angenehm findet, dass man ihn „verdauen“ oder aufnehmen will; heute hat man das burschikose Wort „vernaschen“. In den Märchen begutachten die Riesen die kleinen Menschen immer daraufhin, ob sie auch essbar sind. Die Makrophagen sind die Riesen des Märchens, die alles, was ihnen vor die Münder kommt, erst mal aufnehmen und dann prüfen: Wer bist du eigentlich und was mache ich aus dir?
die “erworbene Immunität“
Dann gibt es dieses zweite System, das nennt die Medizin die “erworbene Immunität“ (Abwehr), da spielt Erziehung und Lernen eine große Rolle. Wenn wir geboren werden, haben wir noch ein wenig den Schutz von der Mutter, weil wir von ihr bestimmte Dinge übernommen haben. Aber ab dem zweiten bis dritten Lebensjahr müssen wir selber ausbilden, wie wir uns gegen bestimmte Eindringlinge wehren, die auch für die Generationenfolge neu sind. Da kommen Krankheitserreger zur Geltung, auch viele synthetische Stoffe, bis hin zu Geschmackskorrigenzien, Umweltgifte usw., die in irgendeiner Form von uns aufgenommen, verdaut und verarbeitet werden müssen. An dieser Stelle hat die Medizin einen Begriff gebildet, sie nennt das „Antikörper“. Gegen alles, was nicht der eigenen Körper ist, werden Antikörper gebildet.
Wir bilden spezifische Krankheiten aus, an der das Immunsystem lernt.
C. P.: Wie bildet sich das Immunsystem im Laufe des Lebens?
V. Fintelmann: Der Mensch wird sozusagen „immunlos“ geboren, weil in den ersten drei Jahren das abwehrende und erkennende Ich noch nicht auf den Leib wirkt. Durch den mütterlichen Organismus wirkt das Immungedächtnis, die Immunität wird auf den Embryo übertragen und bildet ungefähr für die ersten drei Jahre einen Schutz. Dann hatte sozusagen die Schöpfung eine ganz interessante Idee: Wir bilden spezifische Krankheiten aus, an der das Immunsystem lernt. Und das sind die Kinderkrankheiten! Das ist ein heikles Thema: Obwohl das immunologisch längst ausgearbeitet ist, hat man die Kinderkrankheiten verteufelt und durch eine Impfstrategie ganz vertreiben wollen. In der frühen Kindheit sind und waren es die Kinderkrankheiten, durch die der Mensch Abwehrkräfte schult und lernt.
Dann kommt der zweite Schritt: In der Schulzeit ist der Lehrer das Fremde und er schult das Immunsystem dadurch, dass er den Kindern etwas beibringt. Wenn wir als Erwachsene auf diese Zeit zurückblicken, ist es doch rührend, wie wir in diesem Alter dem Lehrer alles geglaubt haben. Wir haben dieses Wissen aber verwandelt, wir können das jetzt als etwas Eigenes erkennen und aus eigener Kraft anwenden. Aber primär ist es uns von außen gegeben und durch lernen, was eine andere Art von verdauen ist, uns zu eigen geworden.
Im dritten Jahrsiebt erlebt der Jugendliche die Welt als etwas, was er selber gar nicht ist und setzt sich z. B. von der nächst gelegenen „Welt“, den Eltern, ab. Das ist eine seelische Abwehrbewegung, die aber auch leiblichen Charakter haben kann und die immer mehr das Ich als Selbst herausarbeitet. Wenn das geschafft ist, früher nannte man das Mündigkeit, hat man eine fertige Immunität.
Nach dem 21. Lebensjahr ist das Ganze ein Thema der Selbsterziehung. Die Immunität wird dann geschwächt, wenn ich mich „gehen“ lasse, wenn ich nicht in mir bin und mich in meiner Konzentration erhalte, sondern „vagabundiere“. Diese Entwicklung geht immer weiter, bis sie den Höhepunkt des Lebens erreicht hat, nämlich das siebzigste Lebensjahr. Danach lässt die Immunität nach, und auch da hat es einen gewissen Sinn, weil der Mensch dann anfängt, sich auf sein Sterben vorzubereiten. Dazu gehört, dieses ganz wache am Leben teilnehmen hinter sich zu lassen.
Mit unserem Immunsystem studieren wir das erst mal.
C. P.: Wenn man jetzt die aktuelle Pandemie unter diesem Aspekt betrachtet – hat unser Immunsystem noch nicht gelernt, sich gegen die neuen Coronaviren zu wehren?
V. Fintelmann: Das kann man ganz gut so sehen. Die Gruppe der Coronaviren ist älter und gegen die sind wir gut adaptiert, sie tauchen viel in den sog. Grippewellen auf. Aber die Spezifizierung in Covid-19 und in Untergruppen ist so neu, dass wir überhaupt keine Kenntnis davon haben, wie man das bearbeitet. Das sieht man auch an der Hilflosigkeit der Wissenschaft, denn alles, was man bisher über Viren gewusst hat, stimmt hier nicht. Bis auf sehr wenige Ausnahmen werden die klassischen Viren über das Wasser, also Speichel und Tröpfchen verbreitet, und dieser neue Virus wird über die Luft verbreitet. Deshalb haben wir auch den Begriff Aerosol. Lediglich von den Windpockenviren ist das bekannt. Das ist ungewöhnlich, und deshalb durchschaut man auch die Schutzmaßnahmen noch nicht so ganz. Aber die entscheidende Komponente ist, dass hier ein Coronavirus auftaucht, das in dieser Form dem Menschen noch nie begegnet ist. Ich vermute, dass der Hinweis richtig ist, dass es sich um eine unmittelbar von dem Tier auf den Menschen übergesprungene Variante handelt. Es gibt Pflanzen-, Tier- und Menschenviren, und die sind normalerweise streng getrennt. Aber in unserer Zeit finden auch Wechsel statt, dass beispielsweise Tierviren plötzlich für Menschen pathogen werden; bei Pflanzenviren ist das noch nicht so gut untersucht, aber ich vermute, dass es das auch schon gibt. Mit unserem Immunsystem studieren wir das erst mal, aber dafür brauchen wir Zeit: „Wie bist du strukturiert und in welcher Form kann ich dich unschädlich machen, indem ich dich auflöse oder bestimmte problematische Regionen, nämlich der Vervielfältigung, sozusagen ausscheide?“ Ich vermute, dass dieses Virus in sich eine so hohe Intelligenz hat, dass es, sobald der Mensch es ein bisschen erkannt hat, sich sofort verändert und dadurch wieder neu ist. Covid-19 ist in dieser Form bisher noch nicht auf den Menschen getroffen und hat eine sehr rasche Möglichkeit des sich Veränderns, eine Mutanz. Das macht es so besonders.
Corona führt uns deutlich vor Augen, wie die Menschen weltweit ein geschwächtes Immunsystem haben.
C. P.: Nicht jede*r, der mit einem Corona-infizierten zusammen ist, steckt sich an. Was macht es aus, dass manche ein scheinbar stärkeres Immunsystem haben als andere?
V. Fintelmann: Ich glaube, man muss es anders sagen: Wer ein starkes Immunsystem hat, wird sich kaum anstecken, und wenn er sich ansteckt, macht er diese Krankheit so durch, dass er keine Symptome hat. Das hört man ja vielfach. Ich glaube, Corona führt uns deutlich vor Augen, wie die Menschen weltweit ein geschwächtes Immunsystem haben, und zwar nicht nur die Vorerkrankten, Raucher usw., sondern auch solche mit Diabetes, Lungen- und Herzerkrankungen und auch diejenigen, die natürlicherweise ein geschwächtes Immunsystem haben, nämlich die Alten.
Das andere Problem scheint aber zu sein, dass ein plötzlich überschießendes Immunsystem diese schweren Veränderungen bewirken kann, besonders an der Lunge. Da scheint mir die Richtung einer Antwort zu liegen, dass hier dieses Covid-Virus eine Angriffsrichtung hat, die so elementar auf den Menschen bezogen ist, dass sich das Immunsystem ein wenig „über die Vernunft hinaus“ heftig zur Wehr setzt und damit mehr zerstört, als es nutzen kann. Ein Beispiel aus der Medizin: Es gibt Formen der Viren-Leberentzündung, wo genau das geschieht; das Immunsystem reagiert so heftig auf das Virus, dass die Leber sich in wenigen Tagen selber zerstört durch die eigene Immunität. Das ist eine höchste Form von akuter Autoaggression.
Dieses Rütteln an dem modernen Menschen
C. P.: Was könnte dahinter stehen, dass die Menschheit durch diese Krankheit so attackiert wird?
V. Fintelmann: Ich möchte mit Deutungen vorsichtig sein, aber eine Denkmöglichkeit aufzeigen. Das, was unser Immunsystem eigentlich so genial sein lässt, bewirkt unser eigenes Ich. Alle Immunität kann eigentlich in dem Satz zusammengefasst werden: Das Ich erkennt alles Nicht-Ich. Mein Eindruck bei Covid ist, dass es sich nicht so sehr auf Leib und Seele, sondern mehr auf das Ich richtet. Dieses Rütteln an dem modernen Menschen „Wollt ihr wirklich so weiterleben, wie ihr in den letzten 150 Jahren gelebt habt oder kommt ihr langsam zur Besinnung und merkt, dass ihr etwas ändern müsst?“ Diese Stimmung findet man auch bei vielen Menschen: „So kann es eigentlich nicht bleiben“; es gibt so viele Themen – Klima, Kapitalismus, Globalisierung, Schere zwischen Arm und Reich. Wir sind doch in einer Schicht eine tief kranke Gesellschaft. An diesem Punkt kann ich verstehen, dass das Ich sich von so einem Virus sehr attackiert fühlt und heftig reagiert.
C. P.: Das ist dann aber nicht individuell zu sehen, denn jeder kann an Corona erkranken, auch diejenigen, die eine ökologische, umweltschonende, gesunde Lebensführung haben.
V. Fintelmann: Es ist ja wiederum auch toll, dass zwischen Arm und Reich, Nord und Süd kein Unterschied besteht – es erreicht jeden und ist ein absolut menschheitliches Geschehen! Es will die ganze Menschheit wecken.
Immunität ist Ich-abhängig.
C. P.: Wenn man das so sieht, könnte ein einzelner Mensch sein Immunsystem durch die Stärkung seines Ich nicht schützen!?
V. Fintelmann: Doch! Ich glaube, dass man eine große Möglichkeit hat, geschützt zu sein. Um nur ein Stichwort zu nennen: Je präsenter und wacher man in seiner Ichheit ist, je mehr Geistesgegenwart der Mensch hat, umso weniger wird dieses Virus sich an ihn heranmachen. Es sucht sich die Bereiche, in denen es zur Wirkung kommen kann. Man muss sich dabei aber klar machen, dass diese Ich-Funktion, nämlich das Virus zu erkennen und nicht durch das Tor einzulassen, ein tief unbewusster Vorgang ist, den kann man nicht ins Bewusstsein spiegeln.
Ein Problem ist meines Erachtens, dass alles, was mit dem Internet zu tun hat, die Menschen schläfrig macht. Es ist ein unglaubliches Instrument, um die Menschen in eine Art von träumender Schläfrigkeit zu bringen, und deshalb sind wir in hohem Maße anfällig.
Ich persönlich würde sagen, dass man sich schützen kann, indem man in seiner Ich-Wachheit absolut präsent ist, indem man sich zum Beispiel nicht von Medien einlullen lässt. Immunität ist Ich-abhängig. Wir kommen nicht zu einer vernünftigen Antwort, wenn wir diese Ich-Seite nicht mit hineinnehmen. Darüber wird leider in der Öffentlichkeit und in der Medizin nicht gesprochen.
Stattdessen hat man etwas geschürt, womit man diese Krankheit noch forciert, und das ist die Angst. Alle immunologischen Frühuntersuchungen haben gezeigt, dass Depressionen und gerade Angst immunschwächend sind – man nennt das immunsuppressiv. Es ist erschreckend, mit welcher Systematik versucht wird, das Virus über die Angst einzudämmen. Es ist eine Frage der Wachheit jedes Einzelnen: Will ich mich auf diese Angst einlassen oder will ich mich darauf konzentrieren, dass ich wach in meiner Abwehr bin gegenüber allem Fremden und mich nicht erschrecken lasse, dass so ein Agens scheinbar die ganze Menschheit bedroht?
Impfungen?
C. P.: Welche Aspekte können Sie zu dem Thema Impfung bei Corona nennen?
V. Fintelmann: Das ist wie bei allen Impfthemen schwierig. Ich bin kein Corona-Impfgegner, sondern für die freie Impfentscheidung, weil jeder Mensch das für sich entscheiden soll. Bei Corona ist neu, dass man Impfstoffe in kürzester Zeit entwickeln konnte. Es sind nicht die gleichen, die wir bisher kannten, die durch lange Vakzination an Tiermodellen entwickelt worden sind. Bei den bisherigen Modellen hat man Tiere krank gemacht, z. B. mit Pocken, und dann hat man die Antikörper, die die Kuh gebildet hat, genommen, um den Menschen gegen das Pockenvirus zu schützen. Bei der Covid-Impfung behandelt man nicht mehr von außen, sondern initiiert den Körper, sich selber zu behandeln. Das ist eigentlich eine grandiose Idee! Einen bestimmten Botenstoff, den man Messenger-RNA nennt, ein Teil unseres genetischen Systems, was eigentlich gebraucht wird um Eiweiße aufzubauen, benutzt man als eine Trägersubstanz und bringt das an die menschliche Zelle heran, sodass die Zelle erkennt, was „da kommt“. Das ist die Immunseite. Beladen hat man dies RNA mit einem Teil des Virus, und genau gegen dieses „Virus-Fremd“ bildet das menschliche Immunsystem Abwehrstoffe. Von der Seite her ist diese Impfung völlig neu. Und sie ist nur deshalb so schnell entstanden, weil schon seit 10 Jahren an diesem Thema geforscht wird, aber im Zusammenhang mit der Krebserkrankung. Es gibt andere Formen, die nennt man die „Vector-Impfung“, bei der ein abgeschwächtes Virus, das mit Covid nichts zu tun hat, als Träger einer Virus-Substanz benutzt wird und dann auch die Immunreaktion hervorruft. Der Ansatz ist der gleiche, aber das Trägermodell ist ein anderes. Es gibt noch weitere Stoffe, aber im Grunde sind es diese beiden.
Wir wissen nicht genau, wie das Immunsystem darauf reagiert.
Das Problem ist, und deshalb muss jeder eine Entscheidung für sich treffen: Das ist so neu, wie auch das Covid-Virus, dass wir nicht genau wissen, wie das Immunsystem darauf reagiert. Es gibt dabei Überraschungen, eine könnte sein, dass die Impfung nicht lange vorhält. Ob man in einem halben oder in einem ganzen Jahr wieder erkranken kann, ist nicht sicher. Das zweite ist, und das ist die Denkart der modernen Medizin, dass man den Körper herausfordert, etwas zu tun, auf das er von sich aus gar nicht eingerichtet ist, wenn er dieses Virus eingeimpft bekommt. Man weiß von anderen Erfahrungen, dass ein Organismus, der zu etwas gedrängt wird, übermäßig reagiert; das nennt man dann „unerwünschte Wirkungen“ oder „Nebenwirkungen“. Auch das ist noch nicht bekannt. Das Dritte, und das ist für mich die schwierigste Frage: Normalerweise dauert eine Impfentwicklung zehn Jahre, und es wird untersucht, ob es Langzeitwirkungen gibt. Das Immunsystem ist eine empfindliche Stelle des Menschen, und jeder muss sich darüber klar sein, dass er mit einer Impfung freiwillig an einem weltweiten Experiment teilnimmt. Die Schulmedizin hat gerade der komplementären Medizin vorgeworfen: Ihr arbeitet ja nicht evidenzbasiert und mit Studien von ganz klaren statistischen Aussagen. Und in dieser Situation handelt sie sozusagen noch viel schlimmer, und zwar außerhalb jeder Evidenz. Aber ich glaube, dass viele Menschen froh sind, überhaupt die Chance zu bekommen, sich gegen dieses Virus zu schützen.
Ich finde, die Impfentscheidung sollte ganz frei sein. Es kommen jetzt schon Verknüpfungen, die man zwar nicht gesetzlich festlegt, aber durch Pässe, Ausnahmeregelungen etc. erhalten Geimpfte dann doch Privilegien.
Ich hoffe, dass diese Pandemie auch eine Freiheitsfrage stellt. Gerade die Medien und auch die Politik setzen gegen die Freiheit eine Art von Mainstream und Uniformität „So darf man denken, und wer anders denkt, ist nicht unser“. In der Wissenschaft müsste man ständig kontroverse, nicht opportune Ansichten miteinbeziehen. Einstein wäre zu seiner Zeit in der Physik ein extremer Verschwörungstheoretiker gewesen, aber er war einer der genialsten Physiker seiner Zeit. Diese Freiheitsfrage wird eben auch durch Covid an uns gestellt: Wollen wir in einer freien Gesellschaft leben, in der jeder Mensch das Recht hat, sich selbst zu bestimmen und seinen eigenen Weg zu gehen? Oder sollte eine Minderheit, die wir Staat nennen, zukünftig über uns verfügen dürfen? Die Antwort auf diese Fragen sollte doch eindeutig ausfallen!