Zwei Hamburgerinnen bei der Shanti Leprahilfe in Nepal
Artikel von Annette Bopp
„Shanti ist der nepalesische Begriff für „Frieden“, und genau das ist eines unserer wichtigsten Ziele: wir wollen möglichst vielen bedürftigen Kindern und Erwachsenen in Nepal – Versehrten, Kranken, aus der Gesellschaft Ausgestoßenen – helfen, ihre Würde wieder zu erlangen. Indem wir ihnen ein Dach über dem Kopf geben, Nahrung, medizinische Versorgung und einen sinnerfüllten Platz innerhalb der menschlichen Gemeinschaft, die sie zuvor verstoßen hatte. Denn nur in diesem gleichberechtigten Miteinander kann Frieden entstehen.“ (Aus der Satzung der Shanti Leprahilfe e.V.) Weiterlesen „Den Frieden finden – in sich und in der Welt“
Das Jugendhilfe-Projekt RUNAYAY in Lima/ Peru wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, benachteiligte Jugendliche in ihrer ganzheitlichen Entwicklung zu fördern und sie auf ein selbständiges Leben in Würde vorzubereiten.
Im Mai und Juni hat die Hamburger Ärztin Dr. Carola Flurschütz, die seit 2012 als Psychotherapeutin in Runayay mitarbeitet, das Projekt in der Michaels-Kirche und in der Lukas-Kirche in Hamburg vorgestellt. Weiterlesen „… ihrem Leben eine positive Wendung geben“
Interview mit dem Freiwilligenhelfer Martin Anael Heppner
Die Kultur der Schwarzen mit viel Musik und Tanz, riesige Gruppen von kleinen afrikanischen Kindern in einem Kindergarten, Raubüberfälle und vieles mehr hat der junge Mann Martin Anael Heppner in seinem freiwilligen sozialen Jahr im Township Khayelitsha erlebt. „In der Schule hatte ich über das Leben gelernt, aber mit dem Leben umgehen – das habe ich in Afrika gelernt.“ So ist sein Resumée nach 14 Monaten. Weiterlesen „Im Township in Südafrika“
Notfallpädagogik in Kriegs- und Katastrophenregionen
Interview mit Bernd Ruf
Täglich werden Millionen von Kindern und Jugendlichen Opfer von Gewalt, Misshandlungen, Krieg, Vertreibung oder Naturkatastrophen. Was sie erleben, ist nahezu unbeschreiblich. Fast alle werden mit ihren Erfahrungen und Erinnerungen alleine gelassen. Wie können diese Wunden heilen?
Notfallpädagogik versucht traumatisierten Kindern in Kriegs- und Katastrophengebieten mit Methoden der Waldorfpädagogik bei der Verarbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse zu helfen, damit sie nicht für ihr weiteres Leben schwere Störungen erleiden und wieder selbst zu Tätern werden. Weiterlesen „Erste Hilfe für die Seele“
Interview mit Hellmut Hannesen, Gründer von Roshni, und Matthias Thamm, Volunteer
Vor 10 Jahren gründete der Hamburger Rechtsanwalt und seine pakistanische Frau Shahida das Roshni Projekt, eine Gemeinschaft mit behinderten Menschen, Waldorfschule und biologischer Landwirtschaft.
In Roshni werden gegenwärtig 40 Menschen mit Behinderungen betreut. Es gibt Werkstätten für Holz und Textil und eine Biobäckerei. Zehn Betreute leben in einem ersten Gemeinschaftshaus. Zurzeit werden eine Schule und ein Kindergarten mit bisher 140 Kindern aufgebaut. Die Arbeit in Roshni ist von Rudolf Steiners Ideen der Anthroposophie und Waldorfpädagogik inspiriert.
So ist das Motto von Roshni die Begegnung von Ost und West. Und inmitten einem Land, wo Koran-Schulen die Kinder zum Fundamentalismus erziehen, die Taliban ihre Ausbildungslager haben, Korruption zum Alltag gehört, ist Roshni zu so etwas wie einer kulturellen Insel geworden.
Interviewpartner:
Hellmut Hannesen lebte in Hamburg bis Ende 1990, arbeitete dort als Rechtsanwalt im Mittelweg 147 und war im Vorstand der Treuhandstelle. Ab 1991 war er Geschäftsführer für den Verband für anthroposophische Heilpädagogik in Bingenheim. 1994 heiratete er seine pakistanische Frau Shahida, mit der er dann 2001 nach Pakistan zog.
Matthias Thamm wurde in Bremen geboren und ging dort auf die Waldorfschule. Direkt nach dem Abitur 2007 ging er nach Pakistan. Dort unterrichtete er 6 Monate lang in der Roshni-Schule als Fachlehrer für Englisch, Sport und Musik. Nachmittags leitete er für die Behinderten Aktivitäten jeglicher Art an. Dadurch kam er in Kontakt mit den Kindern der Bevölkerung und mit armen Familien der Unterschicht. Jetzt ist er Auszubildender in der Gesundheits- und Krankenpflege in den Regio-Kliniken in Schleswig-Holstein und strebt ein Medizin-Studium an.
C. P.: Hellmut, du bist der Gründer von Roshni. Wie kam es zu diesem Entschluss?
H. Hannesen: Als wir 1994 geheiratet hatten, war dies ein bewusster Entschluss zu einer Ost-West-Ehe. Wir hatten sehr bald Pläne, in Pakistan ein anthroposophisches Projekt zu begründen, weil es ein Jugendtraum von Shahida war, in ihrer Heimat einmal eine Schule aufzubauen. Dazu hatte sie schon die Waldorflehrerausbildung in Witten-Annen gemacht und einige Jahre in Deutschland gearbeitet. 1998 gründeten wir den Roshni e.V. und bereiteten den Umzug und die Projektgründung in Pakistan vor. Auf mehreren Reisen nach Pakistan gewannen wir den Eindruck, dass es am besten sei, mit der Behinderten-Arbeit anzufangen. Im Hintergrund stand, dass wir eines Tages auch eine Waldorfschule eröffnen würden.
Wir fingen 2001 in gemieteten Räumen an. Als wir für die Sozialtherapie neu gebaut hatten, gab uns bei der Gelegenheit der Nachbar ein Grundstück und Gebäude, wo wir mit der Schule anfangen konnten. Das war im Jahr 2005.
Seit der Zeit ist Roshni partiell eine Lebensgemeinschaft geworden und zur anderen Hälfte ein Tagesbetrieb. Jetzt wird gerade eine zweite Wohngemeinschaft gebaut, mit Hilfe von den „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V.“ (Verbund für Waldorfpädagogik weltweit, Anm. d. Red.) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, so dass wir den Lebensgemeinschaftsansatz ausweiten und den Tagesbetrieb etwas reduzieren.
Wir haben in Roshni drei Schwerpunkte: Sozialtherapie, Waldorfschule und organic farming, also Bio-Landwirtschaft. Die Landwirtschaft entwickelt sich jetzt auch stärker, weil zwei gute Leute in dem Bereich tätig sind, ein Deutscher und ein Pakistaner.
es ist in dem kommerziellen pakistanischen Schulsystem sehr schwierig, eine Waldorfinitiative zu starten
C. P.: Seid Ihr die erste anthroposophische Einrichtung in Pakistan?
H. Hannesen: Im Prinzip ja. Es gab in der Stadt eine zweite Kindergarteninitiative. Aber die haben nach einiger Zeit die Segel gestrichen, weil es in dem kommerziellen pakistanischen Schulsystem sehr schwierig ist, eine Waldorfinitiative zu starten.
C. P.: Was wird in Pakistan sonst für behinderte Menschen angeboten? Wie geht man normalerweise mit ihnen um?
H. Hannesen: Wir haben in Roshni mit Eltern zu tun, die von vornherein sehr bemüht sind, und sie kümmern sich sehr gut um ihre behinderten Angehörigen. Aber sie sind nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. In der Stadt Lahore mit 7 Millionen Einwohnern gibt es nur eine kleine Zahl von Einrichtungen, und ein großer Teil der behinderten Menschen findet keine Einrichtung. Beispielsweise gibt es keine in der Nähe des Wohnorts, und die Eltern kümmern sich nicht um Weiteres; die Behinderten sind dann zuhause oder hängen auf der Straße herum. Aber man kann nicht generell sagen, dass die Behinderten verwahrlost sind. Die Menschen haben einen ausgeprägten Familiensinn, und die Großfamilie kümmert sich um ihre Mitglieder; wenn eine Frau verwitwet ist, einer keine Arbeit hat o.ä., wird für ihn gesorgt. Das ist dort ein ungeschriebenes Gesetz. Es wird von staatlicher Seite auch keine Versorgung gewährleistet, die Menschen sind auf die Familie angewiesen.
C. P.: Warum wird dann eine Einrichtung wie die Eure überhaupt gebraucht?
… man sollte ihnen auch Lebensqualität geben
H. Hannesen: Man tut zuhause nichts für die behinderten Menschen. Sie leben zwar dort, aber es gibt für sie keine Aktivitäten, sie hängen quasi herum, sitzen vor dem Fernseher etc. Es reicht ja nicht, dass sie nur verwahrt werden, man sollte ihnen auch Lebensqualität geben. Und dafür stehen wir.
C. P.: Seid Ihr dort als deutsche Einrichtung bekannt?
H. Hannesen: Wir sind nicht, wie z. B. Ärzte ohne Grenzen, als eine ausländische Initiative bekannt. Man kennt uns als eine von mehreren privaten Initiativen, die auf Vereinsbasis laufen. Die Leute wissen, dass einige Deutsche dabei sind, aber die Initiative ist eine lokale; es sind Pakistaner, die ans Telefon gehen, die Behinderten betreuen und 90% der Arbeit machen. Außer mir, dem Landwirt und zeitweilig einigen Freiwilligen aus Deutschland sind die eigentlichen Mitarbeiter alles Pakistaner – vor allem die Lehrer.
Wir sind eine lokale Initiative, die Förderung aus dem Ausland bekommt.
C. P.: Haben die Mitarbeiter eine Waldorfausbildung gemacht?
H. Hannesen: Sie sind von uns angelernt worden und ab und zu kommen Dozenten.
Matthias Thamm: An Wochenenden zeigte ich den Lehrern meine Epochenhefte aus der Unterstufe. Wir haben zusammen Socken gestrickt und unter meiner Anleitung die ersten Töne auf der C-Flöte gelernt. Des Weiteren haben wir Lieder und Gedichte auf Englisch für den rhythmischen Teil erarbeitet und zusammen gekocht. Die Leitung dabei hatte Shahida Perveen-Hannesen.
die Sicherheitslage in Anbetracht der Ausbildungslager der Taliban
C. P.: Wie geht es Euch denn in Anbetracht der Tatsache, dass die Taliban im Nordwesten ihre Ausbildungslager haben, es Selbstmordattentate gab etc.? Wie ist bei Euch die Sicherheitslage? Erfahrt Ihr über die Presse die gleichen Informationen wie wir in Deutschland?
H. Hannesen: Die Presse ist frei; Fernsehen und Zeitung berichten täglich über diese Ereignisse und berichten auch offen und freimütig über die politischen Verhältnisse. Man zieht zwar aus diesen Berichten der Presse keine Konsequenzen, aber immerhin steht sie nicht unter Zensur. Das alles ändert aber beispielsweise nichts an der Korruption in Pakistan.
Ansonsten kommt es darauf an, in welcher Region man lebt. In Punjab und speziell in Lahore ist es verhältnismäßig ruhig. Es sind einige Zwischenfälle passiert, aber in großen zeitlichen Abständen, so dass man nicht in einer ständigen Unruhe wegen Attentaten leben muss.
Ich denke, dass die Bewohner in Karachi und Islamabad wegen der Vielzahl der Attentate in größerer Anspannung sind als in unserer Gegend.
in Karachi herrschte großes Chaos
M. Thamm: Im Dezember 2007 wurde Benazir Bhutto, die damalige Oppositionsführerin der Demokratischen Partei, während einer öffentlichen Kundgebung in Rawalpindi erschossen. Ich saß gerade mit fünf anderen Deutschen in einem Zug Richtung Karachi, um dort ein Leprakrankenhaus, das von einer katholischen Nonne (Ruth Pfau) gegründet wurde, zu besuchen. Ganz Karachi war außer sich, weil das die Heimatstadt und der Familiensitz von Benazir Bhutto war. Ich erinnere mich noch genau, wie Shahida sehr aufgeregt mit uns telefonierte, weil sie um unsere Sicherheit besorgt war. In Karachi herrschte großes Chaos, es waren Autos angezündet worden, Geschäfte wurden zerstört, Züge angehalten. Das erfuhren wir aber erst am nächsten Tag aus der Presse.
H. Hannessen: Wir hatten dafür gesorgt, dass Ihr noch in derselben Nacht abgeholt wurdet.
M. Thamm: Ein Freund des benachbarten pensionierten Generals hatte einen Krankenwagen, und damit wurden wir auf halber Strecke von dem Bahnhof, wo wir aussteigen sollten, an einen sicheren Ort gebracht. Es war der Nachtwächter von Roshni dabei, er hatte sogar ein altes Gewehr. Kurz nachdem wir fort waren, wurde der Notstand ausgerufen.
Das war für mich die aufregendste sicherheitspolitische Situation in Pakistan.
C. P.: Wie stehen die Pakistaner zu den Deutschen?
M. Thamm: Wenn man mit manchen Pakistanern langsam ins Gespräch kommt, was in Englisch geschieht, und sie dann mitbekommen, dass man aus Deutschland stammt, strahlen sie über das ganze Gesicht. Der erwähnte Wachmann von Roshni zum Beispiel nannte mir dafür drei Gründe. Er stammt aus dem Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, zählt als Paschtune zu den konservativen Pakistanern und sympathisiert mit Deutschland wegen der nationalsozialistischen Vergangenheit. Er findet es gut, dass das Hitlerregime damals England sehr geschwächt hat, welches seiner Meinung nach deshalb die Kolonie nicht mehr halten konnte, bzw. Pakistan dadurch eine selbständige Republik wurde. Weil er auch mit den Arabern sympathisiert, tritt für ihn aufgrund der Nahostproblematik der Antisemitismus der Nazizeit in den Vordergrund. Der dritte Grund ist, dass das Militär in Pakistan eine große Macht hat, die allerdings stark über die USA dominiert wird, und er lobt die straff organisierte und diktatorische Macht des Militärs in der Nazizeit. Er erlebt in seinem Land ein totales Chaos und glaubt, wenn man alles hierarchisch gliedern würde, hätte alles seine Ordnung und würde seinen richtigen Gang gehen.
C. P.: Dann sind sie aber sehr einseitig informiert und haben auch die Entwicklung der letzten 60 bis 70 Jahre wenig zur Kenntnis genommen!
M. Thamm: Das ist richtig, und sie kommen zu solchen Einstellungen aufgrund ihrer geringen Bildung. Die Macht geht in der Tat von dem pakistanischen Militär aus, es käme aber niemand auf die Idee, diesen Männern zu vertrauen, weil sie nicht sehr verantwortlich mit Ihrer Macht umgehen. Korruption und Machtmissbrauch für private Zwecke sind an der Tagesordnung, was zu dem Chaos führt, welches jeder Pakistaner erlebt. Die Menschen, die Geld haben, schicken ihre Kinder, damit diese sich später besser behaupten können, meistens auf ausländische Schulen, zum Studieren sogar nach London oder in die USA. Insofern hat die „Upper Class“ wenig Kontakt zu der einfachen Bevölkerung. Sie sprechen sogar nicht mehr die Landessprache, weil sie mit Englisch aufwachsen, und verkehren auch nur in diesen gehobenen Kreisen. Eine Mittelschicht, welche eine Demokratie tragen könnte, gibt es nur ansatzweise in den großen Städten. Auf der anderen Seite gibt es diese riesige Menge Pakistaner, 160 Millionen, die an dem High Society Leben keinen Anteil haben und auf ihre ganz primitive Art leben. Sie sind überwiegend Analphabeten, unterschreiben mit dem Daumenabdruck und haben ganz wenig Schulbildung oder Ausbildung.
C. P.: Wie viel Prozent der Bevölkerung machen diese einfachen Leute aus?
H. Hannesen: Vielleicht 70 Prozent sind Analphabeten. Gerade auf dem Land wohnt der Teil der Bevölkerung, die nicht lesen und schreiben können.
M. Thamm: Das wird insofern zum Problem, da dann auf dem Land jemand sagen kann: Jetzt mache ich hier meinen eigenen Staat, und was die Regierung in Islamabad sagt, ist mir egal.
Landbesitzer, die wie Feudalherren herrschen
H. Hannesen: Es gibt Landbesitzer, die in ihrem Bereich mit Hilfe ihrer Wächter quasi als kleine Militärmacht regieren. Das ist dann gewissermaßen ein Feudalsystem: Sie lassen das Land von Pächtern bewirtschaften, die ihnen einen großen Teil der Ernte abliefern müssen; und wenn einer dann aufmuckt, wird er bestraft. Sie üben eine eigene Gerichtsbarkeit aus und herrschen in ihrem Gebiet. Die allgemeine Staatsform kann da wenig durchgreifen. Es gibt zwar eine Polizei, aber diese „Feudalherren“ sind mächtiger. Diese Situation von „Law and order“ ist ein sehr großes Problem in Pakistan. Wenn etwas passiert, überlegt man sich dreimal, ob man zur Polizei geht, denn es kann gut sein, dass diese Beamten mit den Verbrechern unter einer Decke stecken, etwas von dem Diebstahl abkriegen oder sonst wie geschmiert werden. Korruption gehört zur Tagesordnung. Es kann sich die eigene Lage sogar noch verschlechtern, wenn man bei der Polizei gewesen ist.
C. P.: Seid Ihr dann so etwas wie eine kulturelle Insel?
H. Hannesen: Das sind wir sicherlich. Wir versuchen innerhalb dieses Klimas einen Raum zu schaffen, in dem man menschlich miteinander umgeht, andere Werte hat, und Freiheit ist ein wichtiges Ideal, wobei ich nicht behaupten will, dass wir keine Probleme haben. Wir sind wir aber für viele, die uns besuchen und die auch das Klima in der Schule wahrnehmen, etwas Besonderes.
M. Thamm: Die Schule erhebt von den armen Familien kein Schulgeld, so dass jeder die Möglichkeit hat, sein Kind dort hin zu schicken.
Schulen, die zum Fundamentalismus erziehen
H. Hannesen: Für diese Bedingungen ist es eine qualitativ gute Schule. Es gibt auch andere kostenlose Schulen, aber die haben nicht diesen Standard. Es gibt „Madressahs“, das sind von islamischen Gruppen betriebene Schulen, in denen das Koran-Lernen im Vordergrund steht. Der Schwerpunkt dieser Schulen besteht in der religiösen Erziehung. Manche sind nicht ganz so schlimm, aber tendenziell führen sie zu einem Fundamentalismus.
C. P.: Man hört über diese Länder, dass die Eltern ihre Kinder lieber in solch eine Koran-Schule schicken, als dass sie gar nicht lesen und schreiben lernen.
H. Hannesen: Das ist tatsächlich so. Diese Madressah-Schulen werden manchmal als Internat betrieben, und gerade kinderreiche Familien schicken ihre Kinder dort hin, weil sie sie nicht selbst ernähren können.
C. P.: Was sind Eure nächsten Vorhaben und Anliegen?
H. Hannesen: Am wichtigsten ist der kontinuierliche, weitere Ausbau der Schule, die jetzt sechs Klassen hat, auf acht Klassen, so dass ein Abschluss erteilt werden kann. In der Sozialtherapie werden wir jetzt die zweite Wohngruppe belegen und dadurch unseren Charakter als Lebensgemeinschaft verstärken.
Weiter war uns von Anfang an wichtig, auf irgendeine Weise auf die Umwelt zu achten. Ganz am Anfang war eine unserer Werkstätten eine Bio-Bäckerei; einer unserer Mitarbeiter, ein deutscher Heilpädagoge, hatte Bäcker gelernt. Das Backen von Brot ist für die Betreuten eine sinnvolle Arbeit, die auch von der Öffentlichkeit anerkannt wird.
Das Grundstück, das wir 1999 gekauft hatten, betrieben wir als biologischen Garten. Bei unserem Umzug in 2005 haben wir die Gärtnerei intensiviert, indem wir uns noch mehr Hilfe auf diesem Gebiet holten. 2009 kam ein ausgebildeter Landwirt, Alexander Kühne, zu uns, der schon als Student zu Forschungen in Pakistan war. Er hatte sich entschlossen, nach seinem Examen seinen Berufsanfang bei uns in Roshni zu beginnen. Wir versuchen jetzt, mehr Land zu bekommen, um diesen Bereich auszuweiten. Gleichzeitig haben wir ein Projekt für Kompostherstellung begonnen, weil für diese Tätigkeit ein qualifizierter Pakistaner zu uns kam. Das hat sich ebenfalls gut entwickelt, weil der Kompost von Bauern und Gärtnern gebraucht wird.
C. P.: Seid Ihr in Bezug auf Umweltschutz und Ökologie auch Vorreiter?
H. Hannesen: Wir versuchen das voranzutreiben, weil diese Themen hier noch sehr unterentwickelt sind. Es gibt hier keine Bio-Produkte zu kaufen, außer unserem Brot. Wir sind mit einem staatlichen Institut in Kontakt, das sich auf diesem Gebiet engagiert, und wir versuchen gemeinsam, diese Themen in der Öffentlichkeit publik zu machen.
M. Thamm: Hier sind MacDonalds, Coca-Cola etc. populär; die Straßengraben liegen voller Plastiktüten. Insofern ist die biologisch-dynamische Landwirtschaft für das Bewusstsein der Menschen wichtig.
ambivalent gegenüber amerikanischen Werten
C. P.: Sind die Pakistaner in ihren Werten an Amerika orientiert?
H. Hannesen: Das ist sehr widersprüchlich. Es besteht einerseits eine starke Antipathie gegen Amerika, de facto aber auch eine Sympathie für Coca Cola und andere Attribute, mit denen der amerikanische Lebensstil nachgeahmt wird. Diese Ambivalenz lebt oft in denselben Menschen; die Schickeria, die die Jeans tragen, schimpfen gleichzeitig auf die Amerikaner, aber auch arme Leute sind bemüht einem Gast eine Cola anzubieten.
Brücken zwischen Ost und West
M.Thamm: Daher ist eine Organisation, welche kulturell auf verschiedenen Gebieten eine Brücke herstellen kann zwischen Ost und West, so wesentlich.
C. P.: Wenn man Euch unterstützen möchte: Was kann man tun?
H.Hannesen: Im Augenblick werben wir nicht sehr für Freiwillige, da man sich nicht so frei bewegen kann und die Situation angespannt ist. Wer sich gewisse Einschränkungen zutraut, ist aber trotzdem willkommen. Ansonsten brauchen wir dringend regelmäßige Spenden, beispielsweise einfach jeden Monat einen kleinen Betrag. Wir arbeiten recht kostengünstig, mit einem Jahresetat von ca. 120,000 Euro umgerechnet machen wir diese ganze Arbeit in Schule und Sozialtherapie, also gerade mal ein unteres Managergehalt. Trotzdem ist es sehr schwer, diesen Betrag zusammenzukriegen. Deshalb hoffen wir auf mehr Paten für unser Projekt, die regelmäßig spenden, gerade aus Hamburg, wo ich mich etwa 15 Jahre am Mittelweg engagiert habe, um die Treuhandstelle und die GLS Filiale aufzubauen, und mich vielleicht noch manche Leute kennen. Ich freue mich auch über Fragen und Vorschläge an !
Spenden bitte an: Zukunftsstiftung Entwicklungshilfe
Konto 123 300 10, GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67
Verwendungszweck „Roshni Pakistan“. Die Spenden werden von dieser Stiftung ohne Abzug von Verwaltungskosten an Roshni weitergeleitet.
Vom Ausland: BIC: GENODEM 1 GLS – IBAN: DE05 430 609 67 0012 330 010
Roshni Association
Society for the Welfare of Special Persons
Registered with the Directorate of Social Welfare,
Reg. No. DDSW-LD/96-944
Karbath Soling, Bedian Road, Lahore Cantt.
Postadresse: P.O.Box 11073, D.H.A., Lahore/Pak.
Tel 009242 5601062, 5600909, , www.roshni.org.pk
Interview mit Dennis Pauschinger, ehemaliger Waldorfschüler
Was macht ein junger Mensch nach dem Abitur? Vor allem, wenn er mit viel Idealismus anderen Menschen helfen will … . Dennis Pauschinger ging in das Armenviertel Monte Azul, am Rande von São Paulo in Brasilien. Dort leistet die Associação Comunitária Monte Azul, gegründet von Ute Craemer, schon seit über 25 Jahren Sozialarbeit. Der ehemalige Hamburger Waldorfschüler hatte zunächst etliche Bewährungsproben inmitten der sozialen Probleme der Favelas zu bestehen. Begeistert berichtet er von der lebendigen und immer wieder neu sich erschaffenden „sozialen Plastik“ Monte Azul, wo Menschen trotz schwieriger Bedingungen mit Heiterkeit und Lebensfreude an ihrem Projekt arbeiten. Weiterlesen „Die Favela Monte Azul“
„Mein Erlebnis der furchtbaren Kinderarbeit in den Slums von Kalkutta führte zur Gründung des Vereins H.E.L.G.O. e.V. (Help for Education and Life Guide Organisation, Hilfe bei Erziehung, Ausbildung und Lebensführung)“.
Mehrere Jahre behandelte der Hamburger Arzt Dr. Meyer-Hamme während seiner Ferien in einer kleinen Ambulanz Menschen in den Slums in Kalkutta. Darunter waren viele Kinder, die schon ab dem 7. Lebensjahr täglich bis zu 12 Stunden unter erbärmlichen Umständen arbeiten mussten. Obwohl sie dabei oft erkranken, werden sie weiter zur Arbeit geschickt, da der Lohn für das Überleben der Familien dringend gebraucht wird.
Um dieses Übel grundsätzlich anzugehen, gründete er vor 13 Jahren ein Projekt, das für eine Schulausbildung für diese Kinderarbeiter sorgt. Weiterlesen „Hilfe für die Kinderarbeiter in Kalkutta“